Kaum eine Region ist so voller politischer Spannungen wie der Nahe Osten. Tagtäglich berichten die Medien über die dortigen Entwicklungen. Seit vier Jahren leistet die Peter Maffay Stiftung gemeinsam mit der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen einen wichtigen Beitrag zur Völkerverständigung. Auf Initiative des damaligen Ministerpräsidenten Dr. Jürgen Rüttgers und seines Ministers Armin Laschet, fortgesetzt von der gegenwärtigen Familienministerin Ute Schäfer und ihrem engagierten Staatssekretär Professor Klaus Schäfer, werden Jugendliche als Mediatoren im Konflikt zwischen Israel und Palästina eingesetzt. Dieses Projekt, welches ursprünglich über die Peter Maffay Stiftung organisiert wurde, ist heute unter Schirmherrschaft des Musikers beim Bochumer Verein „Begegnungen – Schutzräume für Kinder e.V.“ angesiedelt. Die Peter Maffay Stiftung bleibt dennoch immer am Ball, unterstützt die Aktivitäten, wann immer Not am Mann ist und steht in ständigem Kontakt mit dem Verein. Bis zu drei Gruppen fahren jährlich als Teil des Austauschprogramms nach Israel und in die palästinensischen Gebiete. Entsprechend hoch ist die Anzahl der Gegenbesuche in Deutschland. Peter Maffay hat bisher jede der Gruppen getroffen, um mit den Jugendlichen über ihre Erfahrungen zu diskutieren.
Es macht keinen Sinn, nur übereinander zu sprechen.
Man muss miteinander sprechen.“
„Um einander zu verstehen, muss man einander kennen lernen. Es macht keinen Sinn, nur übereinander zu sprechen. Man muss miteinander sprechen. Diese jungen Menschen sind die Zukunft. Sie sind die Entscheidungsträger von morgen. Es ist daher besonders wichtig, auf die nachfolgende Generation zu setzen. Wenn die deutschen Jugendlichen während ihres einwöchigen Aufenthalts einen Beitrag leisten können, um Israelis und Palästinenser ins Gespräch zu bringen, dann haben wir schon Großes erreicht“, so Schirmherr Peter Maffay. Der Musiker kennt die Region gut. Mehrfach reiste er dorthin, zuletzt anlässlich seines Konzertes im Sommer 2010 in Jerusalem.
Der Verein Begegnungen unter der Führung von Maffays politischem Berater Sascha Hellen bietet den Jugendlichen einen einwöchigen Austausch an. Dabei lernen sie Land und Leute kennen. Unabhängig vom obligatorischen Sightseeing-Programm stehen Begegnungen mit Entscheidungsträgern auf der Tagesordnung. So wurden die letzten Gruppen vom deutschen Botschafter in Tel Aviv, vom Patriarchen von Jerusalem, von Israels Staatspräsident und Friedensnobelpreisträger Shimon Peres oder dem palästinensischen Premierminister Salam Fayyad empfangen. Emotionaler Höhepunkt ist immer auch der Besuch der Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem. Hier wird an die Ermordung von 6 Millionen Juden erinnert. Oftmals treffen die Jugendlichen im Rahmen der Reise auf Zeitzeugen, die auf die Gefahren von Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus aufmerksam machen. Dazu zählt Gabriel Bach, Staatsanwalt im Eichmann Prozess. Der 85jährige spricht mit fester Stimme, als er die 18 Jugendlichen aus Schwerte im Frühjahr 2012 im Besprechungsraum einer Jerusalemer Jugendherberge besucht. Er schildert von den grausamen Vorkommnissen, die den jüdischen Mitbürgern angetan wurden. „Es liegt in eurer Verantwortung, Intoleranz zu bekämpfen. Ihr müsst dafür sorgen, dass so etwas nie wieder passiert. Unsere Geschichte ist euer Auftrag für die Zukunft“, so Bach.
Die Gruppe aus Schwerte setzt sich aus Jugendlichen des Ruhrtal Gymnasiums und des FBG (Friedrich-Bährens-Gymnasium) zusammen. In Kooperation mit der evangelischen Kirchengemeinde hat der Verein Begegnungen zum zweiten Mal einen Austausch ins Heilige Land organisiert. „Natürlich war ich anfangs verunsichert. Die Nachrichten geben einem ein völlig falsches Bild von Israel. Ich hatte den Eindruck, dass die Menschen hier in Angst leben und dass Gewalt auf der Tagesordnung steht. Israel aber ist ein modernes Land voller Lebensfreude mit großen Metropolen. Es ist wahnsinnig schön hier. Das Land bietet eine enorme Vielfalt. Landschaftlich, kulturell und auch menschlich. Wir haben so viele tolle Begegnungen erfahren“, so Mike Weiß (16) aus der Schwerter Gruppe. Eben noch saß der Teenager auf den Golanhöhen und blickte auf das Dreiländereck Syrien-Israel-Libanon. Wenige Stunden später badete er im Toten Meer, dessen Salzgehalt so hoch ist, dass man auf dem Wasser liegen und eine Zeitung lesen kann, ohne unterzugehen.
Ramallah. Checkpoint. Brütende Hitze, schlecht gelaunte Soldaten. Der Weg in die palästinensischen Gebiete macht deutlich, dass noch viel Aufklärungsarbeit geleistet werden muss. Die israelische Armee präsentiert sich hier von ihrer hässlichsten Seite. Im palästinensischen Verwaltungssitz herrschen andere Gesetze. Das Geld ist knapp, eine funktionierende Müllabfuhr gibt es nicht. Es ist ein Kontrastprogramm zur Strandmetropole Tel Aviv. Die Schwerter Jugendlichen sind für einen Tag in den palästinensischen Gebieten, um die dortigen Jugendlichen zu treffen. Sie wollen mehr über die Lebensumstände erfahren, wollen wissen, wie es ist, wenn man sich nicht frei bewegen kann. Die Eindrücke prägen, die Emotionen sind spürbar. Noch lange in den Abend diskutieren die Jugendlichen untereinander den Wert von Freiheit.
Dr. Shmulik Lahar - ein singendes und tanzendes Energiebündel
Durch die Austauschmaßnahmen des Landes NRW und des Vereins Begegnungen treffen Israelis und Palästinenser oftmals das erste Mal direkt aufeinander. „Wir leben so nah beieinander, doch wir sind so weit voneinander entfernt. Es ist wichtig, dass beide Seiten direkte Kontakte pflegen. Dieser Austausch ist eine großartige Initiative, die uns Gelegenheit gibt, unsere Nachbarn kennen zu lernen. Es ist erschreckend, was wir dann feststellen: Sie sind keine fremden Wesen – ganz im Gegenteil. Wir haben so viele Gemeinsamkeiten. Die Jugendlichen hören dieselbe Musik, haben einen ähnlichen Kleidungsstil und vor allem wollen sie – genau wie wir – den Frieden“, so Dr. Shmulik Lahar. Der israelische Guide ist seit der ersten Stunde dabei und koordiniert im Auftrag des Vereins vor Ort die Austauschmaßnahmen. Er spricht neben –zig anderen Sprachen fließend Deutsch, die Jugendlichen mögen ihn, nennen ihn liebevoll „Daddy Cool“. Shmulik ist ein Energiebündel, singt und tanzt im Bus auf den Fahrten zwischen den Orten, findet die richtigen Worte, wenn die Situation ernst wird. Wie bei fast jedem Israeli spielen die Deutschen eine besondere Rolle. Der Holocaust nahm ihm unter deutscher Führung große Teile seiner Familie. Shmulik hat in der israelischen Armee gedient, in Kriegen gekämpft und erkannt, dass es keine Alternative zum Frieden gibt. Er hat erkannt, dass man nur ein Morgen planen kann, wenn man auch die Generation einbindet, die morgen verantwortlich sein wird. Es ist für ihn längst eine Lebensaufgabe geworden, Jugendliche zusammen zu führen.
Am Abend in der Jugendherberge. Die Jugendlichen aus drei Nationen machen gemeinsame Spiele, lachen. Es ist nicht mehr zu erkennen, wer aus Israel, wer aus Deutschland und wer aus den palästinensischen Gebieten kommt. Es ist Völkerverständigung live, wenn auch nur für eine Woche. Danach heißt es Abschied nehmen.
„Es ist großartig, dass die Nachhaltigkeit dieses Projektes spürbar ist.“
Die Gegenbesuche finden meist ein halbes Jahr später in Deutschland statt. Auch hier gibt es spannende Programme, politische Empfänge, Reden und allerhand Zwischenmenschliches. Wichtig sind die Begegnungen mit Frank-Walter Steinmeier, Horst Köhler, Angela Merkel und Co. Viel wichtiger sind aber die Stunden im Bus, die Abende in der Jugendherberge und die vielen Gesten, die hoffen lassen, dass der Frieden und das Miteinander erreicht werden können. „Der Verein setzt Peter Maffays Vision von Begegnungen um. Seit Beginn des Austauschprogramms konnten rund 400 Jugendliche aus Nordrhein-Westfalen Israel und die palästinensischen Gebiete besuchen. 400 Jugendliche, die später in ihren Familien, Sportvereinen, Schulklassen und in ihren sozialen Netzwerken über die Begegnungen berichten. Es ist großartig, dass die Nachhaltigkeit dieses Projektes spürbar ist. Fernab der großen Bemühungen der Weltpolitik leistet Peter Maffay hier einen Beitrag zur friedvollen Koexistenz“, so Sascha Hellen, Vorsitzender des Vereins „Begegnungen – Schutzräume für Kinder e.V.“.
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